Endometriose: Für nicht medikamentöse und nicht operative Verfahren fehlt bislang die Evidenz

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht, ob für die Behandlung der Schmerzen bei Endometriose auch nicht operative oder nicht medikamentöse Alternativen infrage kommen. Sie kommen zu dem Schluss, dass diese Verfahren nicht ausreichend gut untersucht sind und daher keine verlässlichen Aussagen zu Vor-und Nachteilen der nicht medikamentösen oder nicht operativen Verfahren möglich sind.

Da aber für die nächsten Jahre Ergebnisse aus laufenden Studien ausstehen, erhoffen sich die beauftragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Zukunft klarere Antworten.

Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen

Die Endometriose ist eine meist gutartige chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, auch an Stellen außerhalb der Gebärmutterhöhle vorkommt (etwa an den Eierstöcken). Hauptsymptom der Endometriose sind Unterleibsschmerzen – oft im Zusammenhang mit der Regelblutung, seltener beim Geschlechtsverkehr oder beim Stuhlgang. Die Erkrankung tritt überwiegend im gebärfähigen Alter auf, ist hormonabhängig und kann die Fruchtbarkeit mindern.

Man schätzt, dass in Deutschland jährlich ca. 40 000 Neuerkrankungen auftreten. Etwa 20 000 Frauen werden in Deutschland jedes Jahr wegen Endometriose zur Krankenhausbehandlung eingewiesen.

Verschiedene Behandlungen vor allem mit hormonellen Verhütungsmitteln und Operationen zur Beseitigung der Endometriose-Herde sind gut untersucht und können helfen, die Symptome vorübergehend oder dauerhaft zu lindern. Auch Schmerzmittel kommen zum Einsatz. Allerdings vertragen viele Frauen die Hormonpräparate und manchmal auch die Schmerzmittel nicht, oder lehnen sie ab.

Neben den etablierten Therapien suchen betroffene Frauen häufig nach weiteren Möglichkeiten der Behandlung, unter anderem um die Möglichkeit zu haben, selbst aktiv etwas gegen die Endometriose zu tun. Zudem möchten sie eventuelle Nebenwirkungen einer medikamentösen Therapie oder Operationen vermeiden. Neben Medikamenten und Operationen werden daher bereits seit Jahren auch nicht medikamentöse und nicht operative Behandlungen (NMNO-Verfahren) erprobt.

Endometriose: Für nicht medikamentöse und nicht operative Verfahren fehlt bislang die Evidenz

Anfrage einer Bürgerin als Ausgangspunkt des Berichts

Ausgangspunkt des jetzt vorliegenden finalen HTA-Berichts war die im Rahmen des ThemenCheck Medizin gestellte Frage einer Bürgerin, ob es erfolgsversprechende Alternativen bei der Behandlung endometriosebedingter Schmerzen gibt, wenn operative Methoden nicht in Frage kommen oder bereits ausgeschöpft sind.

Die Vorschlagende hat in ihrem Themenvorschlag für diesen HTA-Bericht darauf hingewiesen, dass eine Behandlung endometriosebedingter Schmerzen mit einer Hormontherapie oder mit Schmerzmitteln bei Kinderwunsch nicht möglich bzw. nicht gewünscht sei. Die Themenvorschlagende fragt daher, welche nicht medikamentösen Möglichkeiten es zur Reduktion endometriosebedingter Schmerzen gibt, wenn aufgrund eines Kinderwunsches die Therapie mit Hormonpräparaten abgesetzt wurde und operative Methoden nicht infrage kommen oder bereits ausgeschöpft sind.

Keine wirklich zuverlässigen Studien

Die vom IQWiG beauftragten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der medizinischen Hochschule Hannover konnten keine Studienergebnisse zum Nutzen und Schaden von NMNO-Verfahren bei endometriosebedingten Schmerzen als wirklich zuverlässig einstufen. Sie werteten elf RCTs (randomized controlled trials) zu verschiedenen NMNO-Verfahren aus. Die meisten Ergebnisse zeigten ein hohes Verzerrungspotenzial, einige davon waren zur Ableitung des Nutzens nicht verwertbar. So war zum Beispiel die methodische Qualität der Studien und die Qualität der Berichterstattung in sechs der elf Studien so gering, dass die Ergebnisse aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht oder nur teilweise sinnvoll interpretiert werden konnten.

Da aber für die nächsten Jahre Ergebnisse aus laufenden Studien ausstehen, erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Zukunft klarere Antworten.

Bürger fragen – Wissenschaftler antworten

Seit 2016 ist es für Bürgerinnen und Bürger möglich, über den ThemenCheck Medizin wissenschaftlich fundierte Antworten auf bestimmte medizinische Fragen in Form einer wissenschaftlichen Gesundheitstechnologiebewertung (engl. Health Technology Assessment = HTA) zu erhalten – etwa zu Vor- und Nachteilen einer bestimmten Behandlungsform oder auch zur Sinnhaftigkeit einer Untersuchungsmethode.

Zu den Besonderheiten von „ThemenCheck Medizin“ gehört, dass die Fragestellungen der Berichte immer auf Vorschläge aus der Bevölkerung zurückgehen. Das IQWiG sammelt diese und wählt pro Jahr bis zu fünf Themen aus. Ein Auswahlbeirat bringt dabei die Bürger- und Patientensicht mit ein, ein Fachbeirat die Expertenperspektive.

Die HTA-Berichte werden nicht vom IQWiG selbst verfasst, sondern von beauftragten externen Sachverständigen. Deren Bewertung wird gemeinsam mit einer allgemein verständlichen Kurzfassung (HTA kompakt) und einem Herausgeberkommentar des IQWiG veröffentlicht.

Vorschläge für neue Themen sind willkommen und können jederzeit online unter ThemenCheck Medizin: Thema vorschlagen und ohne medizinische Fachkenntnisse eingereicht werden. Offene Punkte klärt das ThemenCheck-Team, falls nötig, anschließend direkt mit den Einreichenden im telefonischen Kontakt.