Wie es wirklich ist, Verstorbene für ihre Beerdigung zu schminken

Auf Partys erzähle ich immer, ich sei Kellnerin, weil ich für blöde Fragen keine Gedult habe.

”Als erstes wird dann der Körper gewaschen, so richtig von Kopf bis Fuß. Dann balsamieren wir, waschen noch einmal, dann geht es mit Shampoo und Conditioner ans Haar. Viele Menschen haben furchtbare Knoten im Haar, weil sie so lange lagen; das führt oft zu richtigen Dreads am Hinterkopf. Das muss ich dann mühevoll hinkriegen.Das Make-up kann eigentlich direkt vor der Aufbahrung aufgetragen werden, denn standardgemäß warten wir nach der Einbalsamierung darauf, dass der Körper noch etwas abkühlt. Manchmal dauert das Einbalsamieren, Make-up und die Aufbahrung insgesamt drei Stunden. Wir tragen zuerst das Make-up und dann eine schwere, fetthaltige Feuchtigkeitscreme auf, damit sie nicht austrocknen. Dann legen wir ein Stück Klarsichtfolie über das Gesicht des Verstorbenen, damit die Schminke einziehen kann und sich kein Staub absetzt. Kurz vor der Aufbahrung wird dann noch einmal „poliert“ und geschaut, dass nichts verwischt ist.Die ethischen Grundsätze des BalsamierensBesonders aufmerksam sollte man bei den Anmerkungen der Angehörigen sein und auch dem Bild, das von ihnen mitgegeben wird, sollte ganz genau betrachtet werden. Es darf nicht dazu kommen, dass ein oder eine Angehörige irgendetwas am Look des oder der Verstorbenen als störend empfindet. Sie dürfen nicht plötzlich aussehen wie ein Paradiesvogel, wenn sie zu Lebzeiten nur dezentes Make-up getragen haben. Einmal zum Beispiel war einer meiner Kollegen am Werk und bekam riesigen Ärger von der Familie der Toten, als er ihr ein besonders langes Haar an einem Muttermal zupfte. Die Angehörigen der Frau waren außer sich vor Wut, weil genau dieses Mal und dieses lange Haar ihr Aussehen so bestimmt hatten.WerbungWir benutzen außerdem so etwas wie einen „Feature Filler“ – einen chemischen Stoff, mit dem bestimmte Charakteristika im Gesicht unterspritzt werden, der diese dann auffüllt und wieder so aussehen lässt wie zu Lebzeiten. Oft sacken die Gesichtszüge so zusammen, wie es bei einer lebendigen Person nicht passieren würde. Manche Einbalsamierer sind geradezu erpicht darauf, eine 80-Jährige auf ihrem Begräbnis wieder wie eine 50-Jährige aussehen zu lassen. Das ist allerdings keine so gute Idee, wenn das beispielsweise Falten beseitigt, die auch zu Lebzeiten schon da waren. Das ist so etwas wie eine ethische Grauzone. Hierbei kommt es auch auf die Feinheiten unterschiedlicher Kulturen an. Für manche ist es zum Beispiel wichtig, dass die Nägel nicht geschnitten werden.Was sich in meinem Schminktäschchen befindetEs gibt nur wenige Anlässe, zu denen ich wirklich mein ganzes Make-up-Equipment zücke, da die meisten Menschen im Alter nicht sehr stark geschminkt sind. Da heißt es dann schon eher „Bitte lassen Sie meine Oma nicht aussehen, als hätte sie bei MAC gearbeitet.“ Ehrlich gesagt, haben wir in der Regel wirklich nicht viel mehr als eine Foundation benutzt. Vielleicht etwas Rouge hier und da, in sanften Rosé- und Rottönen. Ebenso bei den Lippen. Die Nägel haben wir meist hautfarben gehalten, diverse Beige-Braun-Nuancen. Kein Contouring, keine Highlighter – niemanden interessieren die Wangenknochen einer verstorbenen Großmutter.“

Die meisten sagen, „Bitte lassen Sie meine Oma nicht aussehen, als hätte sie bei MAC gearbeitet.“

Wie es wirklich ist, Verstorbene für ihre Beerdigung zu schminken